Moderne Reitkunst

Reitkunst in der heutigen Zeit

Das Phänomen der Verdrängung

Verdrängung – ein psychologisches Phänomen, welches uns in der heutigen Zeit immer mehr begegnet. Wir nehmen wahr, was in unsere Umwelt passt, und verdrängen alles, was dort nicht hinein passt. Dies ist ein evolutionsbiologischer Mechanismus zum Lösen für innere oder zwischenmenschliche Konfilkte, den wir zum Überleben brauchen, denn dieser unbewusste Vorgang entlastet uns (siehe dazu auf Wikipedia – Abwehrmechanismus).

„Verdrängung ist ein Abwehrmechanismus, der vor allem die Aufgabe hat, das Ich vor einem bedrohlichen Einfluss zu schützen“ (Wikipedia – Abwehrmechanismus)

Ich nehme dieses Phänomen bei mir selbst wahr, wenn es darum geht, Fehler einzugestehen oder Einstellungen zu ändern. Das ist ein normaler Prozess, hindert aber die eigene Persönlichkeit an der Weiterentwicklung und Reife, sodass ich immer versuche, meine Abwehrmechanismen zu bemerken und zu hinterfragen. Ich stelle also meine Handlungs- und Denkweisen in Frage.

Warum tue ich das? Weil ich registriert habe, dass ich nur so zu einer besseren Ausbilderin für meine Pferde werden kann und die Fehler, die ich zuhauf begehe, nur durch Hinterfragen in bessere Ansätze umwandeln kann.

Warum schreibe ich darüber? Weil ich glaube, diese Verdrängungsmechanismen auch in der Pferdewelt zu bemerken.

Die Beobachtungen, die man man machen kann, stimmen mit dem, was geschrieben und gesagt wird, nicht immer überein. Ist es immer noch eine weiche, stetige Verbindung zum Pferdemaul, trotz dass geschätzte dreißig Kilo auf dem Zügel lasten? Kann man von ‚Vorwärts‘ sprechen, obwohl die Hinterhand des Pferdes überwiegend Rückschub produziert? Hat ein Pferd den richtigen Schwung, wenn der Reiter aus dem Sattel katapultiert wird?

Daher frage ich mich, sind die Lehren der Reitkunst überholt oder hat sich unsere Wahrnehmung einfach verändert? Wann haben wir beschlossen, die Inhalte der Ausbildung neu zu interpretieren, sodass sie besser in unsere Realität passen? Warum arbeiten wir gegen die Grundsätze der Biomechanik und pressen sie in eine Form, wo wir doch Leichtigkeit und Harmonie erreichen wollen?

Ich wünsche mir, dass wir wieder damit anfangen, unsere Fehler einzugestehen und uns trauen, andere Wege einzuschlagen als uns von anderen vorgegeben  werden.

Ich hoffe, dass wir zurück zur feinen Wahrnehmung finden und die inneren Konflikte lösen können, indem wir eine feine Hand auch feine Hand sein lassen, und nicht mehr die Selbsthaltung mit Abstützen verwechseln.

Der Weg dahin ist schwer, keine Frage! Nehmen wir also unseren Mut zusammen und gehen ihn trotzdem, zum Wohle unserer Pferde!