Häufige Fragen (FAQs)

Häufige Fragen zur Reitkunst

Reitkunst ist so viel mehr, als man auf den ersten Blick erkennt. Es geht nicht nur darum, sich auf dem Pferderücken transportieren zu lassen. Es geht um Wahrnehmung, Genauigkeit und Körperbeherrschung, um immer feiner kommunizieren zu können. Es geht um Partnerschaft, Beziehung zu seinem Pferd und Harmonie. Es geht darum, sein Pferd zu schulen, sodass es alle Bewegungen in seiner natürlichen Anmut vollführen kann und das Reiten zu einem gemeinsamen Tanz wird.

Man kann nicht nicht kommunizieren. Und der Körper ist das wichtigste Instrument, mit seinem Pferd zu kommunizieren. Als soziale Herdentiere lernen Pferde von Anfang an, ihre Herdenmitglieder zu lesen und über deren Körpersprache Informationen zu sammeln. Dies tun sie auch mit uns Menschen, und so brauchen wir eine klare Körpersprache, um das Pferd nicht durch widersprüchliche Signale zu verwirren.

Die erste und wichtigste Möglichkeit der Kommunikation ist die Körpersprache. Über die Positionierung von Schultern oder Hüfte, die Körperspannung und Energie oder die genaue Art einer Bewegung können wir das Pferd einladen, uns in bestimmter Art und Weise zu folgen. Daneben gibt es die sogenannten Hilfen, die dem Pferd helfen sollen, eine Anfrage des Ausbilders besser zu verstehen.

Man unterscheidet zwischen primären Hilfen, die nicht ausgesetzt werden können, und den sekundären Hilfen, die hinzugefügt werden. Primäre Hilfen sind Sitz und Körpersprache.

Sekundäre Hilfen teilen sich in Hand, Zügel- und Schenkelhilfen sowie die zeigende und berührende Gerte auf. Die Hilfen mit der Hand sind für die Positionierung des Kopfes und des Schwerpunktes zuständig, Zügel- und Schenkelhilfen geben den Rahmen für die jeweilige Form vor, die Gerte unterstützt die Körpersprache.

Seitengänge sind Lektionen in Stellung und Biegung. Sie dienen der Geraderichtung, da sie es uns zum einen ermöglichen, die Hinterbeine gezielt anzusprechen und zu schulen und die Kraftübertragung durch den Körper zu verbessern. Zum anderen bewirken sie die gleichmäßige Gymnastizierung beider Körperseiten und setzen den Pferdekörper ins Gleichgewicht. Seitengänge erzeugen sowohl Mobilität als auch Stabilität.

Zu den Seitengänge zählen Schulterherein und Kruppeherein, deren Konterlektionen und alle sich daraus ergebenden Lektionen wie die Traversale oder die Pirouette.

Geraderichten ist unerlässlich für die Gesunderhaltung der Pferde. Geraderichten bezieht sich nicht nur auf die gleichmäßige Gymnastizierung beider Körperseiten, sondern ebenso die gleichmäßige Kräftigung der Muskulatur, sodass die Beine befähigt werden, gerade aus ihren Gelenken heraus zu schwingen. So vermeiden wir unnötigen Verschleiß und beugen typischen Abnutzungserkrankungen wie Arthrose vor. Lässt sich ein Körper gerade ausrichten, ist er befähigt, seinen Schwerpunkt gerade an der Schwungrichtung entlang zu transportieren.

Der Schlüssel zum Gleichgewicht liegt in der Gymnastizierenden Arbeit auf gebogenen Linien. In der Biegung können einzelne Körperteile gezielt angesprochen und gearbeitet werden. Ist ein Pferd im Gleichgewicht, sind die Strukturen im Bewegungsapparat gleichmäßig mobilisiert und stabilisiert. Dann kann es sich im Gleichmaß bewegen und behält die Kontrolle über seinen Schwerpunkt.

Die Ausbildung des Pferdes dient der körperlichen und geistigen Gesunderhaltung. Darum sollte es in der Reitkunst gehen, die wir zu keinem anderen Zweck ausführen, als eine schöne Zeit mit unserem Pferd zu verbringen. Daher darf in der Hauptsache das Wohlergehen des Pferdes im Mittelpunkt stehen, und die Aufgaben, welche wir dem Pferd stellen, sollen darüber geprüft werden, ob sie dem Pferd in diesem Moment nützen und das Wohlbefinden (kurz- und langfristig) steigern.

Die persönliche Weiterbildung ist eine Grundlage für das Erlernen der Reitkunst. Man muss lernen, ehrlich zu sich selbst zu sein, um seine eigenen Fehler erkennen und verbessern zu können. Man profitiert durch das Erlernen der Geduld, die notwendig ist, um seinem Pferd ein guter Ausbilder zu sein. Als Ausbilder erhalte ich die Fähigkeit, realistische Ziele zu setzen und sie durch Feingefühl, positive Motivation und Rücksichtnahme auch zu erreichen. Der Mensch kann sich also auf vielen Ebenen seiner eigenen Persönlichkeit mithilfe der Reitkunst weiterentwickeln.

Glossar zur Begriffserklärung

Der innere Zügel gibt der inneren Schulter den Rahmen und löst den Hals. Bei fortgeschrittener Ausbildung kann der innere Zügel die innere Hüfte nach vorne holen und das äußere Hinterbein unter den Schwerpunkt bringen.

Der äußere Zügel gibt der äußeren Schulter den Rahmen und lässt das äußere Hinterbein vermehrt in Richtung Nase schwingen. Bei fortgeschrittener Ausbildung kann der äußere Zügel das innere Hinterbein unter den Schwerpunkt bringen.

Die akademische Reitkunst unterscheidet sechs Schenkelhilfen:

  • Der um sich herum biegende Schenkel sowie der von sich wegbiegende Schenkel veranlassen den Brustkorb zu mehr Rotation.
  • Der direkte Schenkel veranlasst das jeweilige Hinterbein zum vermehrten Vorgriff.
  • Der verwahrende Schenkel verhindert ein Ausfallen des gleichseitigen Hinterbeines.
  • Der umrahmende Schenkel verhindert ein Ausfallen des gegenüberliegenden Hinterbeines
  • Der versammelnde Schenkel veranlasst das jeweilige Hinterbein zum früheren Abfußen und führt so zu vermehrter Hankenbeugung.

Die akademische Reitkunst unterscheidet zwischen verschiedenen Abstufungen der Paraden zu unterschiedlichen Zwecken.

Paraden in ihren unterscheidlichen Abstufufungen können folgende Wirkungen haben:

  • Das Pferd aufmerksam machen und den Raum wahren.
  • Formgebung in der Biegung.
  • Formgebung  in den Seitengängen.
  • Arbeiten eines Hinterbeines als Schwung- oder Standbein
  • Arbeit beider Hinterbeine.

Biegung bezeichnet die Positionierung der Wirbelsäule in Verbindung mit der Schwungrichtung von Schulterblättern und Becken. In der korrekten Biegung rotieren die ventralen Wirbelkörper nach außen oben, die Buggelenke zeigen in Richtung Nase und die innere Hüfte schwingt vermehrt nach unten/vorne.

Die Stellung bezeichnet die Positionierung des Genicks. Die betroffenen knöchernen Strukturen sind das Hinterhauptsbein, der Atlas und der Axis sowie Unterkiefer und Zungenbein sowie ihre umliegende Muskulatur und Faszien. Eine korrekte Stellung zeichnet sich durch eine spurende äußere Zahnreihe sowie ein höheres äußeres Ohr aus.

Schulterherein ist ein Seitengang, der das innere Hinterbein vermehrt zum Schwerpunkt treten lässt. Es ist das „Aspirin der Reitkunst“ weil es bei korrekter Ausführung die Schultern entbindet und den Rücken öffnet.

Kruppeherein ist ein Seitengang, der das äußere Hinterbein vermehrt zum Schwerpunkt treten lässt. Aus dem Kruppeherein werden Lektionen wie Traversale oder das Renvers erarbeitet.

Versammlung ist ein komplexer Begriff, der neben anderen Aspekten vor allem die Schwerpunktverlagerung in Richtung der Hinterhand in Verbindung mit erhöhter Lastaufnahme aufgrund der vermehrten Beugung der Hanken bezeichnet.

Vorwärts-abwärts bezeichnet einen Gleichgewichtszustand, in dem das Pferd die Oberlinie aufdehnt und mit der Hinterhand zum Schwerpunkt nach vorne greift. Im korrekten Vorwärts-abwärts bleibt der Brustkorb gehoben, Schub- und Tragkraft befinden sich im Gleichmaß. Wird ein Übermaß an Schub erzeugt, ist das Pferd gezwungen, den Brustkorb zwischen den Schultern niederzudrücken, was zu Schädigungen in der Vorhand führt und korrekte Stellung und Biegung verhindert.

Mehr Informationen